"Welterbe Wachau"

Medienbericht:
Sorgenkinder Dürnstein und Melk (Kurier, 29.04.2009)
Presseaussendung:
APA-OTS  25.05.2010

Eine Initiative der ALLIANCE FOR NATURE

Der Verlauf der Initiative "Welterbe Wachau"
Vorteile und Pflichten

Auf ihrer mehr als 2.800 km langen Reise durchfließt die Donau kaum eine Landschaft, in der sich Natur, Kultur und Menschenwerk zu einer derart einzigartigen Symbiose vereinigen wie in der Wachau. Die windgeschützte Lage am Strom, der Einfluss des pannonischen Klimas und der fruchtbare Talboden schufen jene Voraussetzungen, welche die Wachau zu einem der ältesten Siedlungsgebiete Europas werden ließen - dokumentiert durch den weltberühmten Fund der Venus von Willendorf.

Die Wachau ist eine der wenigen Stromabschnitte, in dem die Donau noch frei in ihrem natürlichen Flussbett fließen darf, nicht durch ein Kraftwerk aufgestaut wurde und deshalb streckenweise noch flussbegleitende Auwälder besitzt. Die dichte Abfolge von natürlichem Auwald, Trockenrasen, Eichen-, Buchen- und Kiefernmischwäldern, verzahnt mit kulturell bewirtschafteten Weinterrassen und Obstanbauflächen, gewährt der Wachau eine außerordentliche Artenvielfalt an Flora und Fauna. Streng geschützte, zum Teil vom Aussterben bedrohte Pflanzen- und Tierarten wie die prachtvolle Smaragdeidechse und der fast ausgerottete Apollofalter finden hier noch einen ihrer letzten Lebensräume.

Neben den natürlichen Besonderheiten wird die Wachau auch durch ihre Baudenkmäler sowie dörflichen und städtischen Ensembles geprägt. Wie die Schalen einer Muschel flankieren die imposanten, weithin sichtbaren Benediktinerstifte Melk und Göttweig die Flusslandschaft, in der sich liebliche Ortschaften wie Spitz, Weißenkirchen und Dürnstein mit dem Augustiner-Chorherrenstift wie Perlen entlang der Donau aneinander reihen. Die mittelalterlichen und barocken Sakral- und Profanbauten sowie Ortsbilder ergeben im Verein mit den malerischen, den Strom beherrschenden Burgruinen eine Abfolge prägnanter Blickpunkte.

Ein Geschenk Niederösterreichs an die Welt

Im Januar 1993 startete ALLIANCE FOR NATURE die Initiative "Welterbe Wachau", die die Kulturlandschaft zwischen Melk und Krems mit ihrer frei fließenden Donau unter den Schutz der internationalen Staatengemeinschaft stellen möchte. Noch bevor die Republik Österreich im März 1993 Mitglied der "Konvention zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt" wurde, unterbreitete ALLIANCE FOR NATURE dem Land Niederösterreich den Vorschlag, die Wachau als potentielle Welterbestätte zu nominieren. Nach mehrmonatiger Prüfung stimmte das Land dem Vorschlag zu.

Auch LH Dr. Erwin Pröll unterstützte persönlich die Bemühungen der ALLIANCE FOR NATURE:

"Als Landeshauptmann von Niederösterreich begeistert mich die Idee der Umweltschutzorganisation ALLIANCE FOR NATURE, mit einer eigenen Initiative gezielt dafür zu arbeiten, dass dieses einzigartige Kleinod der Natur mit seinen prächtigen Baudenkmälern im Sinne der UNESCO-Konvention zum Welterbe der Menschheit erklärt wird und damit unter dem Schutz der Vereinten Nationen steht. (...) Vom Erfolg der Initiative bin ich überzeugt und freue mich schon jetzt auf den Tag, an dem die Wachau zu den Stätten des Welterbes zählt. Sie wird und ist damit zugleich eine kostbare Natur- und Kulturlandschaft, die Niederösterreich der Welt schenkt."

1955 zum Landschaftsschutzgebiet erklärt, wurde die Wachau 1994 mit dem Europäischen Naturschutzdiplom ausgezeichnet. Auf Initiative der ALLIANCE FOR NATURE wurde diese einzigartige Fluss- und Kulturlandschaft im Jahr 2000 auch zum UNESCO-Welterbe erklärt und steht damit unter dem Schutz der internationalen Staatengemeinschaft.

Hochwasserschutzdämme beeinträchtigen das "Welterbe Wachau"

Die Donau, einst eine wildromantische Lebensader quer durch Europa, wurde im Laufe der letzten Jahrhunderte durch den Menschen mehrmals ihrer Schönheit und Ursprünglichkeit beraubt und vergewaltigt. Ziel der Regulierungsmaßnahmen, Felssprengungen und Kraftwerksbauten war insbesondere die bessere Schiffbarmachung, der Schutz der anliegenden Ortschaften und die Wasserkraftgewinnung. Doch durch gravierende Fehler der Kulturtechniker, Beamten und Politiker hat man die Donau dadurch keineswegs sicherer gemacht – im Gegenteil. Die ehemaligen 100-jährigen Donau-Hochwässer, die ganze Ortschaften überschwemmten, treten nun in weitaus kürzeren Intervallen auf. Denn anstatt das Niederschlagswasser in den Bergen und Hochlagen auf natürliche Art und Weise zurückzuhalten, wurden Landschaften verbaut und versiegelt, Wiesen und Moore trockengelegt sowie Bäche und Flüsse in Kanäle umgewandelt. Die Folge ist ein beschleunigter Abfluss der Niederschläge in tiefere Lagen, wo die Bach- und Flussbetten das rasch anfallende Wasser nicht mehr aufnehmen können. Dementsprechend kommt es zunehmend zu verheerenden Hochwässern – verursacht vom Menschen. Doch anstatt aus den Fehlern zu lernen und Rückbauten der versiegelten Landschaften in den Hochlagen zu veranlassen, damit dort das Wasser in natürlichen Böden gespeichert wird und langsamer abfließt, werden entlang der Donau Hochwasserschutzmaßnahmen mit Kosten von € 420 Millionen gesetzt. Betroffen hievon sind auch zahlreiche Ortschaften in der zum Welterbe erklärten Wachau, u.a. Melk, Emmersdorf, Aggsbach Markt, Aggsbach Dorf, Rossatz, Rührsdorf, Weißenkirchen, Dürnstein, Krems/Stein. Die Folge ist, dass die Ortschaften in der Wachau zunehmend vom Fluss abgetrennt werden, auch wenn es sich teilweise um mobile Betonelemente handelt. Das "Welterbe Wachau" und dessen Landschaftsbild werden beeinträchtigt.

Appell der ALLIANCE FOR NATURE: "Gebt der Natur ihre Lebensräume retour!"

ALLIANCE FOR NATURE appelliert daher anlässlich "10 Jahre Welterbe Wachau" an die verantwortlichen Politiker und Beamten in ganz Österreich, der Natur ihre notwendigen Lebensräume wiederum zurückzugeben, dem Verbauen und Versiegeln der Landschaft endlich einen Riegel vorzuschieben und eine menschen-, natur- und umweltverträgliche Politik einzuschlagen. Denn nur ein Miteinander mit der Natur hat Zukunft!

Der Verlauf der Initiative "Welterbe Wachau" 

November 1972: Die Generalkonferenz der UNESCO beschließt die "Konvention zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt" (Welterbe-Konvention), die im Dezember 1975 in Kraft tritt.
1991: Seit diesem Jahr setzt sich ALLIANCE FOR NATURE für den Beitritt Österreichs zur Welterbe-Konvention ein.
Januar 1993: ALLIANCE FOR NATURE schlägt dem Bundesland Niederösterreich sowie dem Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung die Nominierung der Wachau als Welterbestätte vor.
März 1993: Die Republik Österreich tritt der Welterbe-Konvention bei.
September 1993: Der Landeshauptmann von Niederösterreich teilt ALLIANCE FOR NATURE mit, dass das Land Niederösterreich die Semmeringbahn und die Wachau für die Nominierung als Welterbestätte vorschlägt.
Ende März 1993: ALLIANCE FOR NATURE startet eine österreich-weite Unterschriftenaktion und Öffentlichkeitskampagne für die Nominierung der Wachau als Welterbestätte.
Dezember 1993: Das Bundesdenkmalamt versichert ALLIANCE FOR NATURE seine Unterstützung zur Nominierung der Wachau.
April 1994: Konferenz des Bundes und der Bundesländer, bei der die Aufnahme der Wachau in die so genannte "tentative list" (vorläufige Liste; Vorschlagsliste) potentieller Welterbestätten Österreichs beschlossen wird.
Ende 1994: Das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung fördert ab diesem Zeitpunkt die Welterbe-Aktivitäten der ALLIANCE FOR NATURE.
Frühjahr 1995: Die Naturschutzabteilung im Amt der NÖ Landesregierung lehnt eine Unterstützung der Initiative "Welterbe Wachau" mit der Begründung ab, "dass angesichts der doch geteilten öffentlichen Meinung über die Verleihung des Europadiploms für die Wachau jede Aktion in Richtung Welterbe-Nennung, die über die interne Diskussion hinausgeht, kontraproduktiv und daher derzeit nicht sinnvoll ist". Der "Arbeitskreis zum Schutz der Wachau" schließt sich dieser Meinung an. Dennoch lässt sich ALLIANCE FOR NATURE nicht entmutigen und setzt ihre Initiative "Welterbe Wachau" unbeirrt fort.
September 1996: ALLIANCE FOR NATURE veranstaltet eine Schifffahrt auf der Donau, um die verantwortlichen Politiker und Beamten zur Nominierung der Wachau als Welterbestätte zu bewegen. Bei dieser Gelegenheit sagt NÖ LH Dr. Erwin Pröll seine Unterstützung zu. ALLIANCE FOR NATURE intensiviert ihre Öffentlichkeits- und PR-Arbeit in der Wachau.
Juni 1997: Sitzung des "Arbeitskreises zum Schutz der Wachau", bei der die ALLIANCE FOR NATURE die Gelegenheit erhält, die Initiative "Welterbe Wachau" vorzustellen.
Januar 1998: ALLIANCE FOR NATURE veranstaltet gemeinsam mit dem "Arbeitskreis zum Schutz der Wachau" und der Naturschutzabteilung im Amt der NÖ Landesregierung in Melk und Weißenkirchen je eine Informations- und Diskussionsveranstaltung zum Thema "Welterbe Wachau". Dabei zeigt sich bereits eine überwältigende Zustimmung der Bevölkerung.
Frühjahr 1998: Die Gemeinden der Wachau fassen zustimmende Beschlüsse zum Projekt "Welterbe Wachau". Die Abgrenzung des geplanten Welterbe-Gebietes wird abgestimmt. Die Stadt Krems ersucht um Einbeziehung des Altstadt-Ensembles von Krems und Stein in die angestrebte Welterbe-Region. Auch die Gemeinde Mühldorf erwünscht eine Erweiterung des geplanten Welterbe-Gebietes.
Dezember 1998: Die Semmeringbahn wird von der UNESCO auf Initiative der ALLIANCE FOR NATURE zur Welterbestätte erklärt.
Februar 1999: Unter Leitung von LH Dr. Erwin Pröll werden die Wachauer Bürgermeister über den Stand der Nominierung informiert.
Mai 1999: Im Auftrag der Kultur- und der Naturschutzabteilung im Amt der NÖ Landesregierung führt ALLIANCE FOR NATURE zwei weitere Informationsveranstaltungen in Spitz/Donau und in Aggsbach-Dorf durch.
Juni 1999: Die Republik Österreich stellt den offiziellen Antrag zur Aufnahme der Wachau in die Welterbe-Liste.
Frühsommer 1999: Die Initiative "Welterbe Wachau" wird Vorbild für die Initiative "Welterbe Mittelrhein" (Deutschland)
März 2000: Das UNESCO-Welterbe-Zentrum informiert ALLIANCE FOR NATURE, dass die Evaluierung der Wachau für die Eintragung in die Welterbe-Liste erfolgt.
November 2000: Die UNESCO erklärt die Wachau zum Welterbe.
2002: Das Obere Mittelrheintal wird zum Welterbe ernannt.


Vorteile und Pflichten

Mitte September 2001 war es endlich soweit. Bernd von Droste zu Hülshoff überreichte als UNESCO-Delegierter den Bürgermeistern der Wachau die Welterbe-Urkunde. Mehr als sieben Jahre hat ALLIANCE FOR NATURE gearbeitet, um dieses eherne Ziel zu erreichen. Nun stellt sich die Frage, welche Vorteile und Pflichten sich durch diese besondere Auszeichnung für die Wachau ergeben. Vorrangig ist, dass die Wachau nun den Schutz der internationalen Staatengemeinschaft genießt und somit für kommende Generationen in ihrer naturkonformen Gestalt erhalten bleibt. Insbesondere sind großtechnische Eingriffe wie Kraftwerksbauten untersagt. Die Donau, auf österreichischem Boden ohnedies bereits zu 80% verbaut und denaturiert, wird auch in Zukunft in diesem Bereich frei fließen und ihr naturnahes Flussbett behalten dürfen. Andere negative Eingriffe wie Steinbrüche und Christbaumkulturen sind in der UNESCO-"Kulturlandschaft Wachau" einzustellen. Dies steht aber ohnehin außer Frage. Heikler wird es im Bereich des Tourismus. Die Wachau, ohnedies bereits weit über die Grenzen Österreichs bekannt und beliebt, genießt nun weltweites Ansehen, steht sie doch jetzt in einer Reihe mit dem Taj Mahal, Venedig, den Pyramiden Ägyptens, Havannas Altstadt und dem Roten Platz in Moskau. Viele Wachauer, allen voran die Gastronomen, erhoffen sich unter dem Titel "Welterbe Wachau" einen zusätzlichen Auftrieb im Fremdenverkehr. Sanfter und qualitativ hochwertiger Tourismus wird durchaus begrüßt. Quantitativer Massentourismus jedoch ist in einer derart sensiblen Region fehl am Platz. Denn es hat sich gezeigt, dass überhandnehmender Tourismus eine Gefahr für zum Welterbe ernannte Kultur- oder Naturdenkmäler darstellt. So mussten bereits Nationalparke wie Yellowstone und Everglades als auch Kulturdenkmäler wie die Ruinen von Angkor Wat wegen zu starken Touristenstroms auf die Rote Liste des gefährdeten Welterbes gesetzt werden. Die Welterbe-Urkunde für die Wachau ist somit nicht nur eine Würdigung dieser Kulturlandschaft, sondern auch Auftrag, sorgsam dieses Erbe zu hüten und an kommende Generationen weiterzugeben. Es ist darauf zu achten, dass sich die Bewohner der Wachau wohl fühlen und mit ihrer nun zum Welterbe ernannten Heimat identifizieren. Auch wenn sich manche Bürgermeister nun stolz auf die Brust klopfen, einer Welterbe-Gemeinde vorzustehen, so sind auch warnende Stimmen zu hören. Denn als der Bürgermeister von Dürnstein die Welterbe-Urkunde dankend entgegen nahm, brachte er zugleich auch die Sorgen seiner Gemeindebürger zum Ausdruck, dem Tourismus nicht allzu sehr Tür und Tor zu öffnen. Schließlich sollen doch Einwohner und Fremde mit- und nicht gegeneinander in diesem "Erbe der gesamten Menschheit" leben.

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